Benutzer:Mojoaxel/Urheberrecht

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Immer wieder kommt in Internet-Foren die Frage auf, ob man Kochrezepte, die man im Netz, in Kochbüchern oder Zeitschriften gefunden hat, einfach so weiterverbreiten darf. Was ist ein Rezept und fällt es überhaupt unter das Urheberrecht? Was ist mit Rezeptsammlungen? Diese und andere Fragen beantwortet der folgende Text.

Was sind Rezepte urheberrechtlich?[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Kochrezept ist laut Duden ein „Rezept, nach dem eine Speise zubereitet werden kann“, wobei Rezept eine andere Bezeichnung für eine „Back-, Kochanweisung“ ist. Die Speisen selbst sind nicht Teil des Rezepts und prinzipiell nicht vom Urheberrecht erfasst. Auch wenn häufig von „Kochkunst“ die Rede ist, gibt es im Urheberrecht keinen Schutz für fertige Gerichte aus Pfanne, Topf oder Kuchenform. Das mag vielleicht überraschen, aber das Urheberrecht schützt ausdrücklich nur Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst.

Dem Urheberrecht zufolge können Werke nur dann Schutz genießen, wenn sie eigene geistige Schöpfungen ihres Urhebers darstellen und individuelle Form aufweisen. Urheber haben das alleinige Recht, ihre Werke in unterschiedlichster Weise zu nutzen. Will jemand anderes die Werke nutzen, muss dafür meistens eine Erlaubnis vorliegen.

Wenn umgangssprachlich von einem „Rezept“ die Rede ist, kann damit sowohl die Beschreibung oder Darstellung der Zubereitung eines Gerichts gemeint sein als auch die inhaltliche Aussage, die in dieser Beschreibung steckt – die Idee zur Speisenzubereitung. Urheberrechtlich betrachtet, sind „Rezept als Beschreibung“ und „Rezept als Idee zur Speisenzubereitung“ zwei grundverschiedene Dinge: Das Erste ist die Form, das Zweite der Inhalt. Urheberrechtlich geschützt sein kann nur ein „Rezept als Beschreibung“, also die sprachliche Form.

Nimmt man einmal das Rezept für eine Hühnerbrühe, so ist die Idee, etwas Gemüse mit Gewürzen, Hühnerfleisch und Wasser zusammen solange zu kochen, bis man eine Hühnerbrühe hat, nicht urheberrechtlich schützbar. Wenn man diese Idee allerdings in einem Rezept beschreibt, kann diese Beschreibung unter gewissen Voraussetzungen urheberrechtlich geschützt sein.

Woraus besteht ein Rezept?[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Rezept besteht normalerweise aus mehreren Bestandteilen, in denen die Idee zu einer Speise formuliert und illustriert wird. Schlägt man ein Kochbuch oder den Rezeptteil einer Kochzeitschrift auf, so kann man folgende Bestandteile vorfinden:

  • Die Bezeichnung des Gerichts,
  • Mengenangaben für Zutaten,
  • eine Beschreibung der Zubereitung aus den Zutaten,
  • Abbildungen von Zutaten,
  • Abbildungen der zubereiteten Speise.

Kann ein Rezept aus diesen Bestandteilen urheberrechtlich geschützt sein? Kann die individuelle Zusammenstellung aus Mengenangaben für Zutaten, einer Beschreibung der Zubereitung aus den Zutaten, von Abbildungen der Zutaten und der zubereiteten Speise ein Werk im Sinne des Urheberrechts darstellen? Die Antwort auf diese Frage lautet: All das kann sein, ist aber nicht immer der Fall.

Die Form ist geschützt, nicht der Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Urheberrecht gibt es die grundlegende Unterscheidung zwischen Form und Inhalt eines Werkes. Während die Form durch das Urheberrecht geschützt werden kann, kommt das für den Inhalt eines Werkes nicht in Frage. Diese Unterscheidung gilt auch für Kochrezepte: Nicht die Idee zu einer bestimmten Speise kann geschützt sein, nur die Darstellung dieser Idee. Gleich wie originell oder hochwertig das Gericht ist, geschützt ist niemals die Zusammenstellung der Zutaten, sondern nur – wenn überhaupt – die Formulierung, mit der der Rezeptautor sein Gericht oder seine Kochanleitung beschrieben hat.

Da die rechtlichen Anforderungen an die schöpferische Leistung bei den verschiedenen Elementen, aus denen ein Rezept bestehen kann, unterschiedlich hoch sind, muss man differenzieren. Es kann sein, dass ein Teil, zum Beispiel das Foto des Gerichts, geschützt ist, während der Rezepttext frei verwendet werden kann, weil hieran kein Urheberrecht besteht. Schauen wir uns deshalb einmal die Bestandteile im Einzelnen an.

Fotos von Zutaten und Speisen sind geschützt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Einfachste zuerst: Fotografische Abbildungen von Zutaten und Speisen sind urheberrechtlich gesehen entweder Lichtbilder oder Lichtbildwerke, die beide geschützt sind. Künstlerisch gestaltete Fotos werden als Lichtbildwerke eingestuft, während gewöhnliche Fotos nur den geringeren Schutz als Lichtbilder genießen. In jedem Fall gilt: Fremde Fotos – und seien sie noch so simpel – dürfen nicht ohne Erlaubnis des Fotografen auf die eigene Webseite gestellt werden. Dabei ist es egal, ob man sich aus einem Kochbuch, einer Zeitschrift oder aus dem Internet bedient.

Ausnahmen gelten nur für alte Fotografien, deren Schutzfrist abgelaufen ist. Lichtbilder sind für die Dauer von 50 Jahren nach ihrer erstmaligen Veröffentlichung urheberrechtlich geschützt. Für Lichtbildwerke gilt eine längere Frist. Sie sind wie Werke der Literatur bis 70 Jahre nach dem Tode des Urhebers geschützt.

Angaben von Zutaten und Mengen sind nicht geschützt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei den Mengenangaben und Zubereitungshinweisen sieht die Sache anders aus. Für Texte, urheberrechtlich „Sprachwerke“ genannt, gelten strengere Anforderungen an die Schutzfähigkeit. Die bloße Nennung von Zutaten oder Mengen von Zutaten ist unproblematisch. Da die Zutaten feste Bezeichnungen haben und in Rezepten üblicherweise auch so genannt werden (Salz ist Salz und nicht „ein hauptsächlich aus Natriumchlorid bestehendes Gewürz“) ist ihre Niederschrift keine individuelle Schöpfung. Das Kopieren von Zutaten und Mengenangaben ist daher zulässig. Aber wie steht es mit der Beschreibung der Zubereitung? Darf man die ohne weiteres kopieren?

Bedienungsanleitungen oder Sprachwerke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aus urheberrechtlicher Perspektive handelt es sich bei Kochrezepten grundsätzlich um „Bedienungsanleitungen“. Diese sind in vielen Fällen nicht ausreichend individuell ausgeführt, um schutzfähig zu sein. Mit kargen Worten erteilte Anweisungen, die aufgezählten Zutaten in einer bestimmten Reihenfolge zu vermengen, bilden kein schutzwürdiges Werk.

Besteht das Rezept, das man kopieren möchte, nur aus ein paar Mengenangaben und wenigen Worten, mit denen die Zubereitung beschrieben wird, braucht man nicht lange nachdenken. Solche Rezepte sind nicht urheberrechtlich geschützt und dürfen beliebig kopiert und anderweitig genutzt werden.

Je größer aber der Anteil individueller Formulierungen wird, desto größer wird die Chance, dass die urheberrechtlich geforderte Schöpfungshöhe erreicht wird. Ausschweifende, poetische Beschreibungen der Art, dass „sich sanft geschmolzene Butter in das gesiebte und makellos gehäufte Mehl in einem Strudel ergießen solle“, machen aus einer simplen Bedienungsanleitung schnell ein literarisches Werk. Dessen Autor oder Autorin darf dann für ihre Formulierungen dasselbe beanspruchen wie Nobelpreisträger Günter Grass für seine Romane: Urheberrechtsschutz bis 70 Jahre nach dem Tod.

Ebenso schnell lässt sich daraus aber wieder eine Bedienungsanleitung machen: Übernimmt man nicht die Geschichte, die ein besonders kreativer Rezepte-Schreiber über sein Gericht verfasst hat, sondern beschränkt sich auf die hierin enthaltene Nennung von Zutaten, Mengen und die mit eigenen Worten wiedergegebene Handlungsanweisungen, ist das erlaubt. Macht man aus dem oben genannten Beispiel ein schlichtes: „Die geschmolzene Butter zum gesiebten Mehl geben…“ kann man sein umformuliertes Rezept ohne weiteres online stellen. Wer also fremde Kochrezepte veröffentlichen will, sollte das Rezept auf seinen technischen Gehalt – die darin steckende Bedienungsanleitung – reduzieren und in eigene Worte fassen.

Rezepte aus Sammlungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Komplizierter wird die Sache, wenn es nicht um einzelne Kochrezepte geht, sondern um mehrere Rezepte aus einer Sammlung. Das können zum Beispiel Kochbücher sein, aber auch Rezept-Sammlungen aus dem Internet. Dann ist eine weitere urheberrechtliche Hürde zu nehmen. Das Urheberrecht schützt nämlich Sammlungen und Datenbanken zusätzlich und unabhängig davon, ob die einzelnen Bestandteile selbst geschützt sind. Voraussetzung ist lediglich, dass die Anordnung von „Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen … aufgrund der Auswahl oder Anordnung der Elemente eine persönliche geistige Schöpfung sind“. Und das ist schnell der Fall, so dass man in der Regel bei Rezeptsammlungen davon ausgehen kann, dass sie unter diesen Schutz fallen.

Will man einige Rezepte aus Kochrezeptsammlungen auf der eigenen Homepage oder in einem Forum veröffentlichen will, muss man vorsichtig sein. Da das Sammelwerk selbst geschützt ist, darf man nicht beliebig daraus kopieren – jedenfalls nicht ohne Erlaubnis.

Aus Sammelwerken darf man ohne Erlaubnis grundsätzlich nur Teile übernehmen, die dem Umfang nach „geringfügig“ sind – und wenn die Teile selbst nicht urheberrechtlich geschützt sind. Etwas zugespitzt, kann man die Sache im Fall von Kochrezepten so sehen:

  • Aus einer Sammlung von 10.000 Rezepten mit der Qualität von „Bedienungsanleitungen“ ein paar auszuwählen und auf die eigene Homepage zu stellen, ist urheberrechtlich im Zweifel zulässig.
  • Übernimmt man aus einer originellen Sammlung von hundert Rezepten ein Drittel, wird die Übernahme im Zweifel nicht mehr „geringfügig“ sein.

Die Abwägung, wie viel als „geringfügig“ gilt, ist schwierig, da es keine allgemeingültigen Regeln dafür gibt. Deshalb sollte man immer besonders vorsichtig sein, wenn man aus Sammlungen Kochrezepte übernehmen will.

Ganze Kochbücher (oder andere Rezeptsammlungen) ohne Erlaubnis ins Netz zu stellen, kommt nur in Frage, wenn diese so alt sind, dass ihre Schutzfrist – 70 Jahre nach dem Tode des Urhebers – abgelaufen ist. Tatsächlich findet man eine Reihe solcher alten Kochbücher im Internet.

Rezept-Datenbanken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Internet und zum Teil auch auf CD-ROMs findet man umfangreiche Rezeptsammlungen in Datenbanken. Wenn die Rechtslage dafür auch wesentlich komplizierter ist als hier diskutiert werden kann, darf man sich grundsätzlich davon leiten lassen, was zu Sammelwerken gesagt worden ist. Will man aus Datenbanken Rezepte kopieren und auf die eigene Webseite stellen, darf dies nur in geringfügigem Umfang geschehen und nur soweit, wie die einzelnen Rezepte – oder Teile davon wie zum Beispiel Fotos – nicht selbst urheberrechtlich geschützt sind.

Im Übrigen gilt: Auch eine „wiederholte und systematische Vervielfältigung von…unwesentlichen Teilen der Datenbank“ wäre insgesamt wieder eine Übernahme wesentlicher Teile, die der Zustimmung bedarf. Es ist also nicht erlaubt, nach und nach viele einzelne Rezepte aus der Datenbank zu kopieren. Auf einem solchen Weg könnte die Schwelle zum – urheberrechtlich verbotenen – Kopieren eines wesentlichen Teils schnell überschritten werden.


Quelle: 12.06.2006 © iRights.info Robert A. Gehring - CC-BY-ND 2.0